Mit dem Urteil vom 21. Januar 2016 (Rechtssache C -75/15) konkretisiert der Gerichtshof die Auslegung des Begriffs „Anspielung“ in Art. 16 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 110/2008, der sogenannten Spirituosenverordnung. Der Rechtssache liegt die Frage zugrunde, ob in dem Begriff „Verlados“ ein unstatthafte Anspielung auf den Begriff „Calvados“ zu sehen ist, welcher nach Anhang III der Spirituosenverordnung als geografische Angabe geschützt ist.
Der Gerichtshof führt aus, dass der Begriff „Anspielung“ in Art. 16 b der Verordnung dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung, ob eine Anspielung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, das nationale Gericht auf die Wahrnehmung eines normal informierten angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen hat, wobei der Gerichtshof betont, dass unter „Durchschnittsverbraucher“ nicht nur die Verbraucher des Mitgliedstaates gemeint sind, sondern ein europäischer Verbraucher.
Für die eigentliche Beurteilung, ob der Begriff „Verlados“ eine unstatthafte Anspielung auf die geschützte geografische Angabe „Calvados“ darstellt, ist entscheidend, ob der europäische Durchschnittsverbraucher gedanklich einen Bezug zwischen dem mit „Verlados“ bezeichneten Produkt und der geschützten geografischen Angabe „Calvados“ herstellt. Hierzu hat das nationale Gericht, so der Gerichtshof, die klangliche und visuelle Ähnlichkeit zwischen den Bezeichnungen sowie etwaige Umstände zu berücksichtigen, die darauf hinweisen könnten, dass eine solche Ähnlichkeit nicht auf Zufall beruhe.
Ferner führt der Gerichtshof aus, dass Art. 16 lit. b der Verordnung dahin auszulegen ist, dass eine Anspielung auf eine in Anhang III geschützte geografische Angabe selbst dann unzulässig ist, wenn jegliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann.
Mit der Entscheidung liefert der Gerichtshof Beurteilungskriterien, die künftig bei der Auslegung des Begriffs „Anspielung“ herangezogen werden müssen. Da in weiteren EU-Verordnungen Regelungen zu geografischen Angaben enthalten sind und Anspielungen hierauf verboten werden, hat die Entscheidung auch Auswirkungen auf diese EU-Verordnungen, wie etwa die Verordnung 1151/2012 für Lebensmittel oder die Verordnungen 1308/2013 und 251/2014 für Wein bzw. aromatisierte Weine.