Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat eine überarbeitete Fassung seiner Verhaltensregeln über die kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel im Januar 2020 veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Die vom Deutschen Werberat aufgestellten Verhaltensregeln werden insbesondere um weitere Vorgaben für speziell an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung ergänzt. Der Werberat geht hierbei davon aus, dass als Kinder alle Personen zu begreifen sind, die noch nicht 12 Jahre alt sind.
Im Allgemeinen stellt der Werberat durch die überarbeiteten Verhaltensregeln nun deutlicher heraus, dass diese Regelungen sowohl im Online- als auch im Offlinebereich zur Anwendung kommen und somit die kommerzielle Kommunikation auf allen Kommunikationsinstrumenten durch Unternehmen erfasst.
Die Überarbeitung der Verhaltensregeln begründet Katja Heintschel von Heinegg, Leiterin des Deutschen Werberats, unter anderem mit der geringen Erfahrung von Kindern und deren daraus resultierender besonderer Schutzbedürftigkeit sowie der notwendigen Klarstellung, dass die aufgestellten Verhaltensregeln ihren Geltungsanspruch auf alle Formen der kommerziellen Kommunikation erstrecken, also digitale wie klassische Werbung.
In den nun überarbeiteten Verhaltensregeln werden insbesondere Anforderungen für die gezielte werbliche Ansprache von Kindern aufgestellt. So dürfen Kinder durch Werbebotschaften nicht direkt zum Kauf oder Konsum aufgefordert werden. Gleichzeitig darf Werbung dem Erlernen eines gesunden und aktiven Lebensstils oder einer ausgewogenen Ernährung nicht entgegenwirken. Werbung darf ferner nicht die Rolle von Eltern oder Erziehungsberechtigten für eine ausgewogene, gesunde Ernährung ihrer Kinder untergraben. Zudem soll Werbung keinerlei Verbindung zwischen dem Konsum des beworbenen Lebensmittels und einer dadurch verbesserten schulischen Leistungsfähigkeit herstellen. Ausgenommen hiervon sind Werbeaussagen, die der Gesetzgeber erlaubt hat, beispielsweise durch Aufnahme in die EU-Health-Claims-Verordnung (1924/2006).
Für die werbenden Unternehmen ist bei der Anwendung der Verhaltensregeln entscheidend, dass zutreffend beurteilt wird, ob sich eine Werbemaßnahme an Kinder richtet, oder ob diese lediglich reflexartig angesprochen werden. Richtet sich eine Werbemaßnahme beispielsweise an alle Bevölkerungsschichten und besticht gerade nicht durch eine kindgerechte Aufmachung, so ist auch eine direkte Ansprache grundsätzlich unproblematisch möglich. In den Vorbemerkungen der Leitlinien stellt der Deutsche Werberat explizit klar, dass es in der aktuellen Medienlandschaft erforderlich ist, dass Kinder eine Werbekompetenz erwerben. Eine solche Kompetenz könne nicht durch Abschottung, sondern nur durch eine gezielte und begleitete Auseinandersetzung mit Werbung erfolgen.
Für die Frage, ob sich eine Werbung primär an Kinder richtet und demnach die hiesigen Verhaltensregeln Anwendung finden, stellt der Deutsche Werberat nun erstmals Beurteilungskriterien auf. Hierin macht der Deutsche Werberat deutlich, dass Maßstab der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher ist. In diesem Sinne orientiert sich der Deutsche Werberat an dem aktuell geltenden Leitbild des europäischen Gesetzgebers, welches auch der europäischen und deutschen Rechtsprechung zugrunde liegt. Ferner sei bei der Beurteilung der Werbemaßnahme das verwendete Medium zu berücksichtigen und darauf zu achten, ob die Werbebotschaft kinderspezifische Inhalte oder auch die Verwendung kindertypischer Sprache oder Symbole enthält. Insgesamt gibt der Deutsche Werberat dem Anwender durch die aufgestellten Beurteilungskriterien eine Leitlinie an die Hand, die sich in der Praxis als nützlich erweisen dürfte, jedoch eine Beurteilung am jeweiligen Einzelfall nicht ersetzen kann.
Die Verhaltensregeln des Deutschen Werberates über sämtliche Formen der kommerziellen Kommunikation für Lebensmittel in der Fassung vom Januar 2020 sind unter nachfolgendem Link abrufbar: https://www.werberat.de/werbekodex/lebensmittel.